Väter und Söhne

Feature-Serie in vier Teilen von Nicolaus Schröder und Christine Sievers

Antiautoritäre Bewegung, Vietnamkrieg, sexuelle Revolution, Prag 68, Wiedervereinigung, multikulturelles Leben – in den letzten 40 Jahren hat die deutsche Gesellschaft tiefgreifende Veränderungen erfahren. In vier Folgen werden Väter und ihre Söhne vom Leben, ihren Erfahrungen, ihren Hoffnungen und Idealen erzählen. Wie schreibt sich die Geschichte der Väter in das Leben der Söhne ein? Was haben die Söhne von ihren Vätern übernommen, was lehnen sie ab? Der Wandel in ihrem Verhältnis zeigt unsere Gesellschaft wie unter einem Brennglas.

Folge I. Generation Apo trifft Generation Punk

Als die Söhne gegen die Väter rebellierten, ist der Bruch mit der Tradition Programm. Von der Kindererziehung und dem Experimentieren mit Lebens- und Beziehungsformen bis hin zur Gründung einer Partei reichen die Spuren dieser Generation. Wie geht man um mit Vätern, die alles schon einmal gemacht und gedacht haben und trotzdem immer auf der richtigen Seite standen? Richard David Precht ist Sohn linker Eltern. Über seine Kindheit hat er ein Buch geschrieben. Sein Vater, Jürgen, kann darin nachlesen, wie man sich fühlt, wenn man in einer konservativen Provinzschule die Kämpfe der Eltern zu führen hat. Für Peter Schoppe beginnen Ende der 60er Jahre alle Träume in Erfüllung zu gehen. Gut zehn Jahre später rät er seinem Sohn, die eigenen zu suchen und zu leben. Doch in der Bundesrepublik herrscht in den 80er Jahren keine Aufbruchstimmung. „No Future!“ lautet die Antwort des Sohns. Thomas Schoppe bricht die Schule ab und wird Punk. Taugt der 68er Vater trotzdem zum Rollenvorbild?

Folge II. Friedliche Revolutionäre und sanfte Gewinner

Die friedliche Revolution 1989, als die der Zusammenbruch der DDR in die Geschichtsbücher eingehen soll, hatte ihre Helden – die Ost-68er mit der Erinnerung an den Prager Frühling als Identität stiftende Gemeinsamkeit. Gerd Poppe und Johannes Kutschbach erleben diese Zeit als junge Väter. Der eine tritt immer offener in Opposition zu Staat und Partei, der andere wird Pfarrer und kämpft mit Zivilcourage gegen die Diktatur. Jonas Poppe, der die Wiedervereinigung als Grundschüler erlebt, wird Musiker. Friedemann Kutschbach kann 1990 endlich studieren und arbeitet heute als Consultant. Leben die Söhne die Träume der Eltern?

Folge III. Von Migranten und deutschen Ausländern

In einer Generation von einer vorindustriellen Gemeinschaft in eine moderne Industriegesellschaft – während die Väter im timetunnel drei Generationen übersprangen, wachsen die Söhne in einem kulturellen Patchwork auf. Hüseyin Kara ist drei Jahre alt, als ihn sein Vater Musa Kara nach Berlin holt. Heute haben die Karas deutsche Pässe. Hüseyin ist diplomierter Wirtschaftingenieur und findet keine Arbeit. Einer Anstellung stehen sein Name und sein Geburtsort im Weg, da ist Hüseyin sich sicher. „Ich nehm dir deine Frau weg  danach mach ich dich arbeitslos. / Deutschland tut mir so gut, was machen wir da bloß?“ Wenn er rappt nimmt Erci E. gern deutsche Vorurteile aufs Korn. Erci Ergün wächst in Berlin auf, zieht nach Istanbul und kehrt wieder zurück. Sind die Söhne die Mittler zwischen den Kulturen? Wie wichtig sind kulturelle Wurzeln? Wovon träumen Väter und Söhne?

Folge IV. Väter von heute – Söhne von gestern

Wie sieht er aus, der Vater von heute? Während er mit Basecap und Turnschuhen der ältere Freund seines Sohns sein könnte, sucht der Vater von heute zwischen gewechselten Ansprüchen in Partnerschaft und Beruf nach Rollenbildern. Kein Kind nirgends? 1,5 Kinder kann die deutsche Familie im Schnitt vorweisen. Leon Tiedemann lebt mit Frau und Sohn in einer Kleinfamilie, in der beide Eltern berufstätig sind. Er erzählt vom komplexen Gefüge aus familiären Aufgaben, eigenen Ansprüchen, Karrierewünschen und den Freuden des Familienlebens. Fritz Kiesinger ist Mitte 50, hat einen 23-jährigen und einen 7-jährigen Sohn. Zusammen mit seiner Frau und deren Tochter lebt er in einer Patchworkfamilie. Hinrich Mercker wohnt seit einem Jahr wieder allein. Seinen Sohn sieht er am Wochenende und in den Ferien. Trotzdem Kontinuität herzustellen, ist für ihn die große Herausforderung. Was unterscheidet einen Vater von heute von seinen Vor-Vätern? Was nehmen die Söhne von heute mit in die Zukunft?

Nicolaus Schröder & Christine sievers

Redaktion Ulrich Horstmann, WDR 2008