Mütter und Töchter

Feature-Serie in vier Teilen von Nicolaus Schröder und Christine Sievers

Ob Emanzipation oder Frauenbewegung, ob Wiedervereinigung oder Migrationsgeschichte – die letzten 40 Jahre haben sich in die Beziehung zwischen Müttern und Töchtern eingeschrieben. Die Töchter leben anders als ihre Mütter und auch die Mütter sind aus der vorgezeichneten Bahn ausgebrochen. Der Wandel der Rollenbilder, der eigenen Ziele, aber auch die Vorstellungen von Partnerschaft, Erziehung, Leben und Karriere zeigen unsere Gesellschaft wie sie ist. Mutter und Tochter – das Bild wird immer vielschichtiger. Was verbindet eine Generation, wenn prägende Erfahrungen vollkommen unterschiedlich wahrgenommen werden? In vier Folgen werden Mütter und Töchter ganz unterschiedlicher gesellschaftlicher Hintergründe vorgestellt.

Mütter & Töchter – Von der Anstrengung der Freiheit (1)

„Ja, der liebe Gott sieht halt alles, der war Miterzieher.“ Die Mütter wurden streng erzogen. Bei ihren Töchtern wollen sie alles richtig machen. „Erziehung war Thema. Jeden Abend haben wir uns berichtet, was am Tag war und wie wir es besser machen könnten“. Nach 1968 soll nicht nur die Gesellschaft verändert werden’. „Dein Körper ist Dein Tempel, stell Dir das doch mal so vor! Also das waren ganz tolle Gespräche.“ Während ihre Mütter mit der Gesellschaft und mit sich beschäftigt sind, beginnen die Töchter die neue Freiheit auszutesten. „Ich wollte Grenzen und die habe ich nicht gekriegt“. Heute leben die Töchter anders als ihre Mütter es sich erträumt haben. Was haben die Töchter von ihren Müttern gelernt und was lernen die Mütter von ihren Töchtern?

Mütter & Töchter – Neues Spiel, neues Glück (2)

„Arbeiten, Haushalt und alles, das denke ich können wir besser. Wir sind belastbarer.“ Die Frauen aus der ehemaligen DDR sind selbstbewusst. Doch nach der Wiedervereinigung gilt es neue Aufgaben zu bewältigen. „Geschäftsführer? Na ja, das hab ich noch nie gemacht, muss ich dit jetzt machen?“ „Ja, Du kannst das! Hab dich nicht so.“ „Na dann bin ick jetzt Geschäftsführer.“ Die Berufswege vieler Frauen aus den neuen Bundesländern sind verschlungen. Aber sie lassen sich nicht unterkriegen, das haben sie von ihren Müttern gelernt. „Hausfrau kannte ich eigentlich nur aus Erzählungen“. Was haben die Mütter ihren Töchtern mit auf den Weg gegeben und was zeigen die Töchter ihren Müttern?

Mütter & Töchter – Zwischen Heimat und Zuhause (3)

„Ich kannte mein Mann überhaupt nicht“, sagt eine der Mütter. „Wenn die Eltern das aussuchen, dann ist das halt richtig.“, antwortet die andere. Sie kamen aus fremden Kulturen, um hier ihre Töchter zu erziehen. „Ich wohne noch zu Hause, meine Eltern würden das auch nicht begrüßen, wenn ich auszöge.“ Die Töchter achten die Wertvorstellungen ihrer Eltern, ohne ihre eigene Zukunft zu vergessen. Eine hat mit 21 Jahren bereits ihren eigenen Kosmetiksalon. „90 Prozent der türkischen Frauen wollen genau solche Augenbrauen haben wie Ebru Gündes.“ Die Töchter sind perfekt assimiliert und denken trotzdem an das Herkunftsland der Eltern. „Ich würde es auch als ein zu Hause bezeichnen, auch wenn ich nicht da geboren bin.“ Und doch: „Deutsch, das ist bei mir die Disziplin. Ich krieg ja immer ne Macke, wenn meine Kunden zu spät kommen, das sind meistens die türkischen. Dann denke ich immer, Oh Gott, immer die Türken, müssen immer zu spät kommen.“

Mütter & Töchter – Worauf es heute ankommt (4)

Wie sieht sie aus, die Mutter von heute? Während Frauenzeitungen sich die Mütter als die besten Freundinnen ihrer Töchter vorstellen, müssen die Töchter in Partnerschaft, Karriere und bei der Kindererziehung auch noch versuchen jung, schön und entspannt auszusehen. Nicht nur das Rollenbild Mutter und das Rollenbild Tochter hat sich verändert. Auch Aufgaben und Verantwortungen sind grundlegend anders verteilt. Das hedonistische bad girl, das sich dem Diktat der Leitbilder verweigert, ist ein ferner Traum. Die Mutter von heute muss ein Allroundtalent sein.

Christine Sievers & Nicolaus Schröder

Redaktion Ulrich Horstmann, WDR 2009